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Die Poesie der venezianischen Malerei

Paris Bordone, Palma il Vecchio, Lorenzo Lotto, Tizian

Poesie, Sinnlichkeit, Farbe, Licht – Venedig war im 16. Jahrhundert das vibrierende Zentrum großer künstlerischer Innovationen. Neuartige Farbpigmente ermöglichten es den Malern um Tizian, sich neuen Themen auf bis dahin ungekannte poetische und sinnliche Weise zu widmen. Bis heute fasziniert ihr virtuoser Umgang mit Farbe, faszinieren ihre allegorischen Darstellungen, mythologischen Szenen, erotisch aufgeladenen weiblichen Idealbildnisse und Männerporträts.

Paris Bordone, der bisher übersehene große Rivale und Schüler Tizians, zählt zu den wichtigsten Vertretern dieser venezianischen Malerei der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Entdecken Sie in der groß angelegten Schau Bordones facettenreiches Werk im Kontext seiner Zeitgenossen. Mit rund 100 bedeutenden Gemälden und Graphiken von Paris Bordone, Palma il Vecchio, Lorenzo Lotto und Tizian, versammelt aus den großen Museen der Welt, bietet die Ausstellung einen faszinierenden Einblick in die Blütezeit der venezianischen Malerei.

Zu den Leihgebern gehören: Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Alte Pinakothek, München; Städel Museum, Frankfurt a. M.; Kunsthistorisches Museum Wien; Rijksmuseum Amsterdam; National Gallery London; Scottish National Gallery, Edinburgh; Musée du Louvre, Paris; Staatliche Eremitage, St. Petersburg; Pushkin Museum, Moskau; Pinacoteca di Brera, Mailand; Galleria degli Uffizi, Florenz; Galleria Doria Pamphilj, Rom.

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Venedig als Kunstmetropole

Venedig hatte als kosmopolitische Schnittstelle und Zentrum des internationalen Seehandels um 1500 großen Reichtum und politische Macht erworben. Seine lebendige und vielfältige Kultur speiste sich aus dem Zuzug auswärtiger Künstler, Handwerker und Intellektueller vom Festland und aus nordalpinen Regionen. Besonders das florierende venezianische Buchdrucker- und Verlagswesen lieferte Impulse für künstlerische Themen. Die Künstlergeneration um Giorgione und Tizian, darunter Paris Bordone, Palma il Vecchio und Lorenzo Lotto, prägte eine Malerei, die als genuin venezianisch galt.

Mythologie

Die mythologischen Sujets und Allegorien gewannen in der venezianischen Malerei des 16. Jahrhunderts eine gesteigerte Bedeutung. Ihre Auftraggeber und Sammler bildeten sich unter Adeligen, reichen Patriziern und gebildeten Bürgern der Stadt. Die venezianischen Maler suchten die Inspiration für ihre Bildmotive in der antiken, bukolischen Dichtkunst Theokrits und Vergils, setzten die antikenTexte aber nicht bloß in Gemälde um, sondern interpretierten das literarische Vorbild frei.

Der weibliche Akt

Das Motiv des liegenden weiblichen Aktes etablierte sich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Venedig und wird bis heute von Künstlern aufgegriffen. Der Erfolg des Bildthemas ist eng verbunden mit der Entstehung eines frühneuzeitlichen Kunstmarkts und einer entsprechenden Nachfrage. Zu seiner Berühmtheit gelangte das Motiv insbesondere durch die Gemälde Giorgiones und Tizians, in denen Themen wie ideale weibliche Schönheit, Liebe, Erotik und Sexualität verhandelt wurden. In der Forschung wurden für die entsprechenden Werke verschiedenste Deutungsversuche unternommen, die von frühneuzeitlichen Pin Up-Bildern über Visualisierungen literarischer Konzepte bis zu Kurtisanendarstellungen und Hochzeitsbildern reichen.

Die belle donne

Erstaunlicherweise gibt es erst ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nur vereinzelt repräsentative Bildnisse von Gemahlinnen der Dogen. Die wenigen Porträts der venezianischen Edelfrauen wurden durch das übergroße Angebot an Idealbildnissen schöner Frauen kompensiert, die oftmals mit offenherzigem Dekolletee, zum Teil mit entblößter Brust und verführerischem Blick, bei der Toilette mit Schminkutensilien oder in einem Interieur dargestellt sind.

Selbstwahrnehmung

Als Attribut der Selbsterkenntnis gehört der Spiegel ebenso zur Allegorie der Klugheit, einer der vier Kardinaltugenden, wie zur Wahrheit, aber auch im negativen Sinn als Symbol der Laster zu Personifikationen der Hochmut, der Wollust und der Eitelkeit und Vergänglichkeit. Die gegensätzlichen Auslegungen der allegorischen Darstellungen belegen die Ambivalenz des Motivs. So treten in den weiblichen Idealbildnissen der venezianischen Maler des 16. Jahrhunderts die traditionellen Deutungen in den Hintergrund. Durch eine zunehmende Erotisierung der Bildinhalte wird die Schönheit der Frau geradezu zelebriert.  Doch verbindet die Werke auch eine Warnung: Die Jugend ist nur von kurzer Dauer, im Alter entschwindet die Schönheit. Durch das Bewusstsein des allgegenwärtigen Vanitas-Themas legt sich ein melancholischer Schleier der Vergänglichkeit über die sinnliche Schönheit.

Architekturdarstellungen

Bordone setzte sich in einigen Werken seines umfangreichen Œuvres intensiv mit der Architektur auseinander. Dies spiegelt sich in den präzise ausgeführten, prächtigen Architekturprospekten einzelner Bilder wider, die als Kulisse für biblische Bildthemen dienen. 1537 erschienen Sebastiano Serlios Regole generali di architettura (allgemeine Regeln der Architektur).  Bordones Vorliebe zu theatralischen Bühnenbildern zeichnete sich in seiner Adaption der architektonischen Details Serlios in seine Darstellungen des alttestamentarischen David-und-Bathseba-Themas, der Verkündigungsszenen sowie in das großformatige Gemälde der Tiburtinischen Sibylle ab.

Männerporträts

Die führenden venezianischen Maler des 16. Jahrhunderts entwickelten eine neue, intellektualisierte Porträtauffassung, die den Charakter und die Individualität der Dargestellten betonte. So kam dem Männerporträt eine besondere Bedeutung zu. Die von Tizian und Plama il Vecchio Porträtierten offenbaren oftmals mit einer neuen Intensität ihr Seelenleben und kehren ihr Innerstes nach außen. Dabei schweifen ihre melancholischen Blicke in die Ferne, teilweise fixieren sie den Betrachter auch direkt und bieten einen Einblick in ihren Gemütszustand. Selbst Männer in Rüstung sind oftmals poetisch und in Gedanken versunken wiedergegeben.

Malerei im Austausch

Die italienische Renaissance wirkte sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts auch auf die Malerei nordalpiner Künstler aus. Während ihrer Reisen nach Italien setzten diese sich intensiv mit den neuen Errungenschaften der italienischen Renaissance-Künstler auseinander. Bereits seit dem Mittelalter bestanden enge Handelsbeziehungen zwischen Nürnberg und Venedig. Albrecht Dürer trat um 1505 während seiner zweiten Venedigreise in einen intensiven Dialog mit den Werken der führenden venezianischen Maler wie Giovanni Bellini, Tizian, Giorgione oder Palma il Vecchio. Neben Nürnberg unterhielt auch Augsburg Handelsbeziehungen mit Venedig. Die wohlhabende Bankiersfamilie Fugger trat als Auftraggeber Tizians und Bordones in Erscheinung.

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Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft der Botschaft der italienischen Republik

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gesprochen von Joachim Król
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